The Good Council: Prof. Dr. Michael Otto und Anna Stehn

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Intro: Hallo und herzlich Willkommen bei „The Good Council”, dem Podcast des World Future Councils. In jeder Folge beleuchten wir aktuelle Herausforderungen und politische Lösungen und nehmen Sie mit auf eine Reise voller inspirierender Geschichten. Hören sie rein und folgen sie einem weiteren internationalen und generationenübergreifenden Dialog! Viel Spaß.

Anna: Guten Tag, ich bin Anna, ich bin 25 Jahre alt und ich bin Medien- und Kommunikationsmanagerin beim World Future Council. Ich freue mich sehr in dieser Folge des Generationen Dialoges „The Good Council“ mit Prof Dr. Michael Otto zu sprechen. Er ist Mitgründer und Ehrenratsmitglied des World Future Councils. Er ist außerdem einer der erfolgreichsten deutschen Unternehmenspersönlichkeiten der Gegenwart, hat zahlreiche visionäre Stiftungen und Initiativen gegründet. Er ist Träger des großen Bundesverdienstkreuzes mit Stern. Er ist Gründer der „UMWELTSTIFTUNG Michael Otto“ und der „Aid by Trade Foundation“. Außerdem unterstützt er zahlreiche Umwelt- und gesellschaftspolitische Projekte, beispielsweise das Flüchtlingsprojekt „Ipso“ oder im Bildungsbereich, wie „The Young ClassX“. Er engagiert sich ebenfalls im Bereich der Kunst und Musik und hält zahlreiche Ehrenämter inne. Guten Tag Prof. Dr. Otto!

Dr. Otto: Schönen Guten Tag!

Anna: Es ist für mich eine sehr große Ehre und Freude heute mehr über Ihre Arbeit ihr Leben und ihr Engagement beim World Future Council zu erfahren. Im Rahmen unserer Jugendforums „Youth:Present“ möchte ich heute mehr über sie erfahren und ich würde sagen, wir starten mit einer kleinen Zeitreise durch ihr Leben und Sie erzählen mir dabei vieles über Ihre Ansichten und ihr gesellschaftliches Engagement. Ich freue mich sehr auf diesen intergenerationellen Dialog! Aber lassen Sie uns von vorne anfangen: Sie sind bereits mit 28 Jahren in das Familienunternehmen ihres Vaters eingestiegen. Davor absolvierten Sie ihre Ausbildung. In welchem Bereich war das?

Dr. Otto: Es war so, dass ich nach meinem Abitur mich entschieden habe, in die Unternehmerlaufbahn zu gehen. Denn es war zwar auf der einen Seite für mich schon immer klar, dass ich so als Jugendlicher im Unternehmen meines Vaters immer mal gejobbt habe in den Schulferien und mein Vater sagte auch immer: „Du wirst mal das Unternehmen übernehmen.“ Aber nach dem Abitur war dann doch die Entscheidung, soll ich das denn wirklich mein Leben lang machen? Für mich wäre alternativ auch noch das Medizinstudium und der Arztberuf in Frage gekommen. Aber das Unternehmertum muss ich sagen, habe ich bis heute nicht bereut, weil im Grunde dort beide Gehirnhälften gefordert sind. Nämlich einmal das analytische und das rechenhafte und auf der anderen Seite das Kreative. Wenn man ein Unternehmen aufbaut oder neu gründet, dann ist das auch ein kreativer Prozess. Und das fand ich wie gesagt bis heute spannend, dass man eben beide Gehirnhälften hier einsetzen muss.

Und nachdem ich mich dann entschieden habe, dass ich den Weg zum Unternehmertum gehen will, war für mich eigentlich die Frage, wie beginne ich damit? Mein Vater hätte eigentlich gerne gesehen, dass ich sofort ins Unternehmen einsteige. Und da habe ich gesagt, nein ich möchte unabhängig sein. Und habe gesagt, als erstes wäre am besten mal eine Banklehre. Das heißt eine Ausbildung zu machen im Finanzbereich, das kann nie was schaden. Und das habe ich dann in München gemacht, habe dann Volkswirtschaftsstudium angehängt, promoviert. Ich habe mich aber während des Studiums dann schon selbstständig gemacht, sodass ich auch unabhängig war. Das war mir immer ganz wichtig. Und das war eigentlich so mein erster Einstieg, bis ich dann nach Hamburg zurückgegangen bin und da auch gleich in den Vorstand des Otto-Versands, wie er damals hieß, gekommen bin.

Anna: Ich finde das total spannend, dass sie seit ihrer Jugend ja eigentlich schon diese Unternehmerdenkweise in sich tragen und trotzdem sagen sie in ihrer Biografie einen Satz, nämlich: „Die Wirtschaft muss für den Menschen da sein und nicht umgekehrt. Wie denken sie denn wird das derzeit in der Realität umgesetzt, gerade auch in Zeiten der Pandemie?“

Dr. Otto: Ja ich finde das eigentlich wichtig und das ging mir auch bereits während meiner Jugend und meines Studiums so, dass ich manchmal den Eindruck hatte, dass die Wirtschaft nur an Wachstum denkt, nur daran denkt, dass sie das wichtigste Element ist und dass letztlich alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dazu dienen, die Wirtschaft voranzubringen. Und dabei habe ich immer gesagt: Die Wirtschaft ist ja nur Mittel zum Zweck. Sie soll letztendlich ermöglichen, dass die Menschen ein gesichertes Einkommen haben, dass sie einen gewissen Wohlstand haben. Das ist die Aufgabe der Wirtschaft, das heißt die Wirtschaft muss dem Menschen dienen und nicht umgekehrt! Und das war mir eigentlich immer ganz wichtig.

Ich habe den Eindruck, dass gerade jetzt in Zeiten von Corona durchaus ein Rückbesinnungsprozess da ist. Und, dass man in den letzten Jahren in der Wirtschaft zunehmen man erkannt hat, man muss nachhaltig wirtschaften und man muss letztlich auch der Gesellschaft dienen. Das war wie gesagt nicht immer so, das hat in den letzten Jahren zugenommen. Aber natürlich gibt es immer noch Unternehmen, die nur sich sehen und nur ihr Wachstum sehen.

Anna: Ja, das ist auch das, was ich von der Otto Group und von Ihnen immer mitbekommen habe. Ich bin ja selbst Hamburg geboren und aufgewachsen und für mich stand die Otto Group und Sie immer auch für nachhaltige Produktion und ich glaube auch für viele andere Hamburger ist das so das Bild, dass man von der Otto Group hat. Denn Sie haben Nachhaltigkeit, bevor es, wie sie auch eben sagten, größer wurde, zum Trend wurde, Nachhaltigkeit zum Unternehmensziel der Otto Group erklärt. Und das war schon 1986. Und fünf Jahre später wurden Sie dann noch zum Ökomanager des Jahres ernannt. Sie sprechen häufig über den Bericht des Club of Romes. Gab es daneben noch andere Gründe Umweltschutz in die Unternehmensstrategie mit aufzunehmen?

Dr. Otto: Ja der erste Bericht an den Club of Rome muss ich wirklich sagen, hat mich sehr beeinflusst. Das war ein Wach- und Weckruf. Und ich habe damals mit meinem Freund Eduard Pestel, der Mitbegründer des Club of Romes war, sehr viel über den Bericht diskutiert und ich habe immer gesagt, für das Bewusstsein war der Bericht ganz wichtig, um letzten Endes auch öffentlich Aufmerksamkeit zu schaffen. Aber noch wichtiger ist es zu handeln. Und das war für eigentlich der Grund. Man kann nicht sagen die Politik muss handeln, die Industrie muss handeln. Nein, jeder muss bei sich selbst anfangen. Jeder Bürger muss bei sich selbst anfangen aber auch jeder Unternehmer. Und das war für mich eigentlich der Ansatz zu sagen, ja dann muss ich auch beginnen. Und das fängt natürlich an erstmal an den Standorten, dass man da einzelne Projekte umsetzt bis sich das dann weiterentwickelt, aber das war eigentlich der wichtige Antrieb dazu.

Anna: Ich kann mir aber auch vorstellen, dass gerade, weil sie so früh mit dem Thema begonnen haben, wo andere Unternehmen vielleicht noch nicht so weit waren, dass Sie auch auf gewissen Problemen und Widerstände gestoßen sind. Gab es in der Zeit mal einen Zeitpunkt, wo Sie wirklich an ihre Grenzen gekommen sind?

Dr. Otto: Als ich dann 1986 praktisch nachhaltiges Wirtschaften und Umweltschutz zum weiteren Unternehmensziel erklärt habe, da gab es bei Unternehmer Kollegen natürlich schon einige, die ein wenig gelächelt haben darüber oder mich als Exoten, um es mal freundlich zu sagen, bezeichnet haben. Aber ich glaube, wenn man von einer Sache überzeugt ist, und auch wirklich sich selbst sagt, das ist der richtige Weg, und es ist notwendig ihn zu gehen, dann geht man auch nicht mehr ab von seinem Ziel. Und das gibt einem dann auch die Kraft durchzuhalten, selbst wenn man mal angezweifelt oder kritisiert wird.

Anna: Ja, ich glaube wir haben im Laufe des Gesprächs schon mitbekommen, dass unternehmerisches Handeln und Nachhaltigkeit für Sie immer Hand in Hand gehen. Das klingt immer so einfach, aber das ist natürlich superschwer umzusetzen. Wie vereinbaren Sie denn unternehmerisches Handeln und Nachhaltigkeit und warum ist es so schwierig nachhaltig zu wirtschaften?

Dr. Otto: Gut, erst einmal ist es natürlich notwendig die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu überzeugen und mitzunehmen. Dass eben alle bereit sind. Denn es gibt einige, die begeistert sind, aber es gibt natürlich auch einige, die eher abwarten oder auch etwas kritisch sehen, weil sie sagen: Gut, jetzt müssen wir schon Umsatz und Ergebnis im Unternehmen bringen und uns dafür einsetzen und jetzt noch das Thema Umwelt oder Sozialstandards, was sollen wir denn noch alles machen? Also, man muss erstmal die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter begeistern. Das zweite ist, es gibt hier natürlich durchaus und das ist natürlich immer das schönste, Win-win Situationen. Also wenn ich z.B. sage, unsere ganzen Importe, die transportieren wir nicht über Luftfracht, sondern wesentlich über Seefracht. Das spart Co2 ein und das spart Kosten ein. Also das sind natürlich die schönsten Situationen. Aber es gibt natürlich auch viele Maßnahmen, da muss man erstmal investieren. Da muss man erstmal die Produktion ändern. Denn ich erinnere, dass wir Anfang der 70er Jahre, nein ich entschuldige, das war Anfang der 90er Jahre, so früh waren wir noch nicht dabei. Anfang der 90er Jahre haben wir unsere Textilproduktion angefangen zu analysieren und zu gucken, was passiert denn eigentlich in jeder Produktionsstufe. Wie sind da die Auswirkungen? Und ich war erstaunt, dass es da noch überhaupt gar keine Analyse gab. Wir haben das mal mit 2 Universitäten analysieren lassen und festgestellt: In jeder Produktionsstufe gibt es außerordentlich negative Auswirkungen auf die Umwelt. Aber das Erfreuliche war, man konnte auch jede Maßnahme ersetzten durch eine umweltfreundliche Maßnahme. Und da haben wir dann z.B begonnen, in der Türkei beim Baumwoll-Anbau, wo hohe Pestizid Einsätze und Bewässerung benötigt wird, in biologischen Baumwall Anbau umzustellen. Wir haben dann begonnen, die Stoffe, die gebleicht wurden von Chlorbleiche auf ozonbleiche umzustellen. Dann erfolgte die Ausrüstung der Stoffe, dass die nicht einlaufen über Formaldehyd. Wir haben das umgestellt mit Maschinen, die natürlich die Einlaufwerte reduzieren, oder metallhaltige Farben im Färbe Prozess, durch biologisch abbaubare Farben ersetzt. Das alles war natürlich ein mühseliger Prozess. Das alles hat auch erstmal Geld gekostet. D.h. wir haben auch hier erstmal investiert, denn wir konnten die höheren Preise nicht an die Kunden weitergeben. Dann wären wir nicht mehr im Geschäft gewesen. Aber wir haben festgestellt, dass mittel- und langfristig, wenn die Produktion dann in einer gewissen Größenordnung ist, dann kommen wir auf die alten Preise zurück. D.h. es ist manchmal auch ein Investment für einige Jahre notwendig und da scheuen natürlich einige Unternehmen, sodass manche Prozesse eben nicht umgesetzt werden.

Anna: Ja, das klingt auch so, als ob die Hürden und Hindernisse, die auftauchen sehr vielseitig sind. Aber, wie man auch an ihrem Beispiel sieht, es gibt auch Lösungen. Und ich denke ein Teil dieser Lösung ist es auch, wenn Unternehmen mit Stiftungen kooperieren und, wenn Unternehmen auch von Stiftungen und deren Arbeit lernen können. Und eine Stiftung, die mir besonders am Herzen liegt und Ihnen ja auch ist der World Future Council. Und meine Chefin Alexandra Wandel hat mir erzählt, dass Sie im Jahr 2006 den Bürgermeister der Stadt Hamburg anriefen und ihn überzeugten, dass der World Future Council sein weltweites Hauptquartier hier in der Stadt Hamburg aufstellen sollte. Und so konnte mit Ihrer Unterstützung und der Unterstützung der Stadt Hamburg im Mai 2007 der Gründungsprozess des World Future Council im Rathaus der Stadt Hamburg stattfinden und dann auch in den Jahren zwischen 2007 und 2011 der Rat mit seinen 50 Mitgliedern in Hamburg tagen. Und sie sind heute nicht nur ein geschätztes Ehrenratsmitglied von uns, sondern auch ein Unterstützer unserer Arbeit. Wir setzen uns ja sehr stark für die rechte zukünftiger Generationen ein. Woher kommt denn ihre Leidenschaft für das Recht künftiger Generationen oder anders gefragt. Was war ihre Motivation den World Future Council damals mit ins Leben zu rufen?

Dr. Otto: Also, das waren eigentlich zwei Themen, die Jakob von Uexküll mir damals mitgeteilt hat, als er das Konzept erarbeitet hatte. Und zwar einmal das Thema, dass man einen Future Policy Award für jedes Jahr zu besten Gesetzgebung zu einem wichtigen Thema geben will. Und das war wirklich vollkommen innovativ. Da gab es weltweit wirklich nichts Vergleichbares. Und das fand ich insofern auch ganz wichtig, denn letztendendes kann die Wirtschaft, kann die Gesellschaft, können Ngos viele Maßnahmen durchaus anstoßen, aber der große Durchbruch kommt nur, wenn die Regierungen die richtigen Rahmenbedingungen geben. Das heißt auch die richtigen Gesetze erlassen. Und deswegen ist es eigentlich so wichtig zu sagen: Wo gibt es denn weltweit schon gute Gesetze zu einem bestimmten Thema? Und wenn man dann die besten Gesetze gefunden hat und ausgezeichnet hat, dass dann, und das macht ja der World Future Council, dass dann über Seminare und über bestimmte Kongresse Regierungen einlädt, diese Gesetze eben auch mitzuteilen, um andere eben auch zu informieren. Und darüber hinaus bekommen alle freiheitlich gewählten Parlamentsabgeordneten weltweit bekommen auch die Informationen über diese Gesetze. Also wenn ein Staat dann zu einem Thema ein Gesetz erlassen will, muss er nicht alles neu erfinden, sondern er kann schauen, was gibt es für Gesetze? Und gerade auch durch solche Seminare und Veranstaltungen haben dann auch immer wieder Staaten diese besten Gesetze übernommen. Das fand ich also schonmal eine super Sache.

Und das zweite eben die Rechte zukünftiger Generationen. Denn das ist ja ganz wichtig, dass wir sehen müssen, dass wir unsere Welt nicht schlechter hinterlassen, sondern mindestens gleichwertig, wenn nicht besser hinterlassen für zukünftige Generationen. Zukünftige Generationen haben ja nun keine stimme, also müssen wir zukünftigen Generationen eine Stimme verleihen und uns dafür einsetzen. Das war das zweite wichtige Thema und das hat mich einfach so begeistert, dass ich von Anfang an gesagt habe, also da mach ich mit, da bin ich dabei!

Anna: Ja sehr schön, sie haben es ja auch eben schon angesprochen: Unsere Arbeit ist sehr komplex, wir arbeiten zu vier großen Themenbereichen. Und ich musste ein bisschen schmunzeln, denn auf Ihrer Website habe ich den Satz gefunden: „Neugier, Bescheidenheit und ein untrüglicher Blick für das Wesentliche – Dafür steht der Mensch Michael Otto“. Sie schaffen es eben in diesem Berg von Herausforderungen in dem wir arbeiten immer das Wesentliche im Blick zu behalten. Was ist denn für Sie das Wesentliche und welchen wesentlichen Herausforderungen müssen wir uns jetzt stellen?

Dr. Otto: Also einmal ist das ja freundlich formuliert worden von jemanden. Ja, also das Wesentliche ist im Moment also denke ich am besten zum Ausdruck gekommen, wenn wir die Agenda 2030 nehmen, nämlich die 17 Nachhaltigkeitsziele der UN. Da drückt sich eigentlich alles aus, was wir im Augenblick als Herausforderungen haben und, wo wir handeln müssen. Erfreulicherweise gibt es schon einige Themen, wo wir vorangekommen sind. Ich denke z.B. an das Thema Bekämpfung der Armut. Wir haben in den letzten 10 Jahren die Anzahl der Menschen, die in Armut leben halbieren können von 2 Milliarden auf 1 Milliarde. Leider ist jetzt mit der Pandemie die Zahl der Menschen, die in Armut leben wieder gestiegen, trotzdem war das schonmal ein Schritt in die richtige Richtung. Also, es gibt verschiedene Themen, wo wir vorangekommen sind. Nur häufig nicht schnell genug, nicht stark genug. Und für mich ist ein überragendes Thema das Thema Klimawandel – also Klimaschutz. Denn dieses Thema berührt eigentlich alle übrigen Bereiche. Weil damit letzendes eine Überlebensfrage wirklich gestellt wird. Hier geht es um Biodiversität, hier geht es wirklich um Armut, um Flucht Ursachen. Also Klimawandel ist für mich derzeit das zentrale Thema, für das wir uns sehr viel stärker einsetzten, müssen.

Anna: Ja, wenn man vom Klimawandel spricht, das ist ein Thema, wie sie schon gesagt haben, das mit allen anderen Bereichen sehr stark zusammenhängt unter anderem natürlich auch sehr stark mit dem Thema Kinder und Jugendrechte für das sie sich ja auch bei uns sehr stark einsetzen. Warum sollten wir uns aber nicht nur dafür stark machen, dass die Rechte von Kindern und Jugendlichen geschützt werden, sondern warum sollten wir auch junge Menschen dazu ermächtigen für ihre Rechte selbst einzustehen?

Dr. Otto: Also ich glaube es ist ganz wichtig, dass die jungen Menschen letztendlich auch wissen, welche Probleme auf sie zukommen und wie ggf. auch Lösungen aussehnen können. Und dafür brauchen wir Bildung. Das heißt es beginnt in den Schulen, dass die jungen Menschen einmal kennenlernen: Was bedeutet eigentlich eine freiheitliche Demokratie? Wie viele Länder haben wir überhaupt auf der Welt, wo eine freiheitliche Demokratie herrscht? Was bedeutet es eigentlich nachhaltig zu leben? Was bedeutet Umweltschutz? Sozialstandards? Wie muss man damit umgehen oder was bedeutet auch eine soziale Marktwirtschaft? Denn letzten Endes ist es wichtig, dass sie diese Informationen haben, um dann auch gefeit zu sein, wenn irgendwelche radikalen Parteien irgendwelche Behauptungen in den Raum stellen. Um dann auch zu unterscheiden, ist das Etwas, was wirklich stimmt oder sind das Fakes, sind das Unwahrheiten, die in den Raum gestellt werden, nur um uns zu locken mit falschen Aussagen. Also ich glaube das ist ganz wichtig. Und natürlich: Keiner kann sich besser für seine Rechte einsetzen als die Betroffenen und das finde ich eben auch ganz wichtig.

Anna: Ja, absolut. Also ich stimme ihnen auch total zu. Ich finde auch Aufklärung ist alles. Also Aufklärung ist ein ganz wichtiger Punkt, für den wir uns auch stärker einsetzen sollten. Sie unterstützen uns ja seit 2014 gemeinsam mit ihrer Tochter Janina Özen Otto im Kinder- und Jugendrechte Team. Und sie haben eben schon eine Reihe von Faktoren angesprochen, die stark mit dem Thema Kinder und Jugendrechte zusammenhängen. Ein Thema, das derzeit ja stark in den Medien diskutiert wird und das auch wir auf unserer Agenda haben ist das Recht auf eine gesunde Umwelt. Wie hängt das für sie mit dem Thema kinderrechte zusammen?

Dr. Otto: ja ich denke eine gesunde Umwelt ist letzten Endes die Voraussetzung, um gesund leben zu können und letzendes sein Leben auch gesund gestalten zu können so wie man es gerne möchte, denn Gesundheit ist die Voraussetzung für alles. Und von der Seite ist es eben ganz wichtig zu sehen. Was passiert in der Umwelt? Wo müssen wir ansetzen? Was müssen wir ändern? Und wir sehen es auch gerade in dem diesjährigen Future Policy Award gegen gefährliche Chemikalien, dass das ein Thema ist, das natürlich auch hochgradig gefährlich ist für die Gesundheit der Menschen aber auch für die Tiere für die Umwelt. Und deswegen ist das ein Thema, das so wichtig ist, wir werden später ja auch sicherlich noch darauf zu sprechen kommen, dass dieses Thema in diesem Jahr eben auch als Haupt Thema angesehen wird.

Anna: ja genau auf jeden Fall. Wir kommen gleich noch auf den Future Policy Award zu sprechen. Ich würde vorher gerne nochmal darauf eingehen, weil wir ja jetzt hier zusammen sitzen in diesem intergenerationellen Dialog, wo ich mich auch sehr freue mit ihnen sprechen zu dürfen. Und ich merke ja auch als junger Mensch, dass es eine Änderung in der Denkweise meiner Generation gibt. Wir zunehmend unsere Rechte selbst in die Hand nehmen, dafür einstehen, dafür auf die Straße gehen. Und ich glaube auch, dass viele Politiker, viele Unternehmer einiges von uns jungen Menschen lernen können. Was glauben sie denn ganz persönlich, was sie von der jüngeren Generation lernen können?

Dr. Otto: Also ich glaube, dass die junge Generation begeistert für ein Thema ist. Das finde ich eben ganz wichtig. Und ich würde mir wünschen, dass viele Menschen auch in der älteren Generation sich so begeistern und sich so einsetzen für ein Thema und sich auch informieren. Also ich stelle auch da fest, dass die jungen Menschen immer besser informiert sind, wenn Diskussionen sind. Gerade, also ich habe ja auch häufiger Gespräche mit Vertretern der Friday fort Future Generation und die wirklich gut informiert sind. Wo man sehr zielorientiert diskutieren kann über Maßnahmen und das finde ich eben ganz wichtig. Also deswegen sich für ein Thema einsetzen, sich aber auch zu informieren, dass man wirklich in die Tiefe gehen kann, und das konstruktiv auch mitwirken kann. Das finde ich toll und das würde ich mir auch wünschen bei den älteren Generationen, dass die verstärkt sich auch einsetzen.

Anna: Ja ich hoffe auch, dass dieser Wandel noch mehr kommt, dass man auch in diesen Dialog tritt und sich austauscht, denn es ist ja nicht nur so, dass Sie viel von uns jungen Menschen lernen können, sondern wir können natürlich auch viel von ihnen und ihrer Erfahrung lernen. Deswegen stelle ich die Frage jetzt auch nochmal andersherum: Was ist denn ein Ratschlag, den sie der jüngeren Generation mit auf den weggeben würden?

Dr. Otto: Also im Grunde kann ich nur sagen, macht weiter so! bleibt weiter engagiert, lasst euch nicht beirren durch irgendwelche kritischen Stimmen, denn wenn man von einer Sache überzeugt ist, dann muss man auch den Weg gehen und das ist ganz wichtig, ansonsten wird man nichts ändern.

Anna: ja genau, also weiter für die Sache einstehen, weiter Druck ausüben vielleicht nicht nur auf die Politik, sondern auch auf Unternehmen. Die Otto Group ist ja schon dabei Herausforderungen unserer Zeit anzugehen. Nachhaltige Produktion ist wie wir erfahren haben, für sie schon lange prägend. Beispielsweise habe ich gefunden, dass 100% der Textileigenmarken ihres Unternehmens das Siegel „hautfreundlich, weil schadstoffgeprüft“ tragen. Und da kommen wir jetzt auch auf den diesjährigen Future Policy Award zu sprechen. Welche Rolle spielt denn Chemikalienmanagement in ihrem Unternehmen und wieso ist es wichtig, dass wir Chemikalien gut managen und regulieren?

Dr. Otto: Ja bei uns im Unternehmen, ich hatte es ja schon geschildert, dass wir Anfang der 90er Jahre angefangen haben in der Produktion auf umweltfreundlichere Ausrüstung umzustellen. Natürlich hat das auch viele Jahre gedauert, bis wir unser gesamtes Sortiment umgestellt haben. Also das hat bestimmt bis Ende der 90er Jahre gebraucht. Dann haben wir sozial Standards eingeführt. Auch das war ein wichtiges Thema, was dann auch wieder einige Jahre gebraucht hat, bis wir dann bei unseren ganzen Produktionsstätten entsprechende Voraussetzungen hatten. Also notwendig ist es ja, dass wenn man etwas erkennt, das notwendig ist, dass man anfängt und die Dinge weiterentwickelt. Und Chemikalien, d