Jada ist unsere Werkstudentin in unserem Team “Die Rechte von Kindern und Jugendlichen”. Sie studiert derzeit Internationale Beziehungen und Organisationen und erzählt uns, wie sich ihr Studium in Zeiten der Covid-19-Pandemie verändert hat und wie es sich anfühlt, alleine zu studieren.

Autorin: Jada Henkel, Covid-19 – Ein Studium alleine vor dem Computer

Covid-19 – Ein Studium alleine vor dem Computer 

Seit mittlerweile einem Jahr dominiert das Coronavirus unseren Alltag und stellt uns vor eine globale Herausforderung. Abwechselnde Lockdowns und Lockerungen bestimmten das letzte Jahr. Die Politik befindet sich in einer Zwickmühle: Auf der einen Seite die Wirtschaft unterstützen und Unternehmen vor dem Ruin retten und andererseits das Virus daran hindern sich auszubreiten und die Krankenhäuser vor einer Überbelastung zu schützen. Auch wenn ich als Studentin keine Existenzängste haben muss, so hat die Coronapandemie doch auch mein Leben und insbesondere mein Studium maßgeblich verändert.  

Als ich mit meinem Studium im Herbst 2019 in den Niederlanden angefangen habe, lagen noch sieben normale Monate vor mir. Damit begann mein Studium in “Internationale Beziehungen und Organisationen”, wie jedes Studium beginnen sollte. Ich meldete mich in einem Ruderverein an, besuchte Gastlesungen, veranstaltete Kochabende und ging mit meinen FreundInnen auf Studentenpartys. Als im März dann die Universität zum Onlineunterricht umschaltete, bin ich mit dem nächsten Bus nach Hause gefahren. Nicht weil ich wegwollte, sondern weil ich dachte, dass das nur eine kurzfristige “Sache” sei. Damals wusste ich noch nicht, dass ich erst wieder sechs Monate später zurückkehren sollte. Aus einem Auslandsstudium wurde ein Studium in meiner Heimatstadt. Zurückblickend erscheinen all diese Monate wie ein einziger Tag; jeder Tag sah gleich aus. Das soll nicht heißen das der Lockdown nur negativ war; ich habe wieder mehr Sport gemacht, Stricken und Niederländisch angefangen und mit meiner Familie online Brettspiele gespielt. Das hat mich auch motiviert nach den Lockerungen, das Beste aus der Corona Situation zu machen. Ich habe mich für einen (Schatten-) Boxkurs und ein Niederländisch Café angemeldet als auch viele Spaziergänge mit meinen FreundInnen unternommen. Das hat mir wieder mehr Motivation für mein Studium gegeben.   

Mittlerweile habe ich die Hälfte meines Bachelors hinter mir und hatte mehr Onlineunterricht als Präsenzunterricht. Dadurch habe ich auch das Gefühl, viele Inhalte nur oberflächlich zu behandeln. Wenn wir prä-corona noch über Themen mit den KommilitonInnen und den ProfessorInnen debattieren konnten, so verhindert dies der Onlineunterricht nun. „Klick“ und das aufgezeichnete Video von Powerpoint-Seiten mit einem kleinen Video des Professors in der rechten, oberen Ecke spielt sich ab. Interaktionen und Nachfragen? Fehlanzeige. In den vergangen zehn Monaten fand lediglich einer von meinen acht Kursen live statt. Diese neue Art der Vorlesungen – ohne jeden Austausch – nimmt dem Studieren den Spaß und die Freude. Zudem stellt sich die Frage, wie wir nun das kritische Denken lernen sollen, wo es einem nicht einmal ermöglicht wird, kritische Fragen zu stellen.  

Es liegen zehn Monate hinter mir, in denen ich tagtäglich zehn Stunden vor dem Computer saß. Trotzdem schätze ich mich glücklich, denn ich hatte zumindest am Anfang ein „normales“ Semester, in dem ich mich eingewöhnen und FreundInnen finden konnte. Dieses Glück hatten die neuen StudentInnen 2020 nicht. Sie mussten in einer neuen Stadt und teils neuem Land FreundInnen finden und versuchen, sich ein soziales Leben aufzubauen. Was vielen schon vor der Pandemie schwergefallen ist, wird zur Unmöglichkeit in Zeiten von digitalem Austausch. Wie soll man FreundInnen finden, ohne je persönlich miteinander gesprochen zu haben? Um den Erstsemestern unter diesen erschwerten Umständen etwas zu helfen, habe ich mich als Community Support Officer für meinen Studiengang beworben. Auch wenn die Onlinemeetings mit unserer Mentorgruppe nur einmal die Woche stattfinden konnten, habe ich doch gemerkt, wie gut es ihnen tat, aber auch mir. Dadurch, dass gemeinsame Vorlesungen in der Universität wegfallen, haben wir keine Möglichkeit mehr, uns über die Herausforderungen und Probleme, die sich jedem von uns stellen auszutauschen.  Wir können nicht mehr gemeinsam die Luft rauslassen, wodurch das Gefühl entsteht, das wir ganz alleine sind mit unseren Problemen. Jedoch sitzen alle mit den gleichen Ängsten und Problemen da, aber eben alleine vor dem eigenen Computer anstatt nebeneinander in der Vorlesung oder der Mensa. 

Schlussendlich ist der Onlineunterricht gut und notwendig. Zudem hat sich meine Universität, schnell und gut umstellen können. Nichtsdestotrotz wünsche ich mir ein baldiges Ende und freue mich schon darauf, bald wieder mit meinen KommilitonInnen in der Vorlesungshalle zu sitzen und mich über das – insbesondere im Präsenzunterrricht – total aufregende und einzigartige Studium austauschen zu können!