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Berlin begrüßt den World Future Council in den Bundestag

Die ehemalige Ministerin für Ernährung und Landwirtschaft, Renate Künast, lud unser Ratsmitglied Vandana Shiva und Direktorin Alexandra Wandel in den Bundestag ein, um über den 100%-Biolandbau-Staat Sikkim zu sprechen.

Am Donnerstag, dem 29. November, schenkte Berlin nach einer Woche ungemütlichen Wetters ein Stück Wintersonne, um das Ratsmitglied des World Future Council und weltbekannte Umweltaktivistin Vandana Shiva und unsere Direktorin Alexandra Wandel im Bundestag zu begrüßen. Sie wurden von der ehemaligen Ministerin für Ernährung und Landwirtschaft, Renate Künast, MdB, in den Bundestag eingeladen, um über die agrarpolitische Situation in Indien, den ersten 100%-Bio Staat der Welt und den Gold-Gewinner des Future Policy Awards 2018, Sikkim, und die Zukunft der globalen Landwirtschaft zu sprechen.

„Sikkim ist ein gutes Bespiel dafür, dass wir die Welt verändern können, wenn wir den agrarökologischen Weg gehen.”

Vandana Shiva

Ein Einblick in den Bundestag

In einem schlichten aber eleganten Konferenzraum begrüßte Künast ihre Gäste und 30 Zuschauer aus dem Deutschen Bundestag, europäischen Umweltinstituten und der Öffentlichkeit. Schnell wandte sich das Gespräch der Landwirtschaft in Indien zu: ein Land, dessen landwirtschaftliches Gesicht während der Grünen Revolution Mitte des 20. Jahrhunderts tiefgreifend verändert wurde. Es ist ein bemerkenswertes Beispiel für die extremen Konflikte und Kontraste im gegenwärtigen globalen Nahrungsmittelsystem. Ratsmitglied Shiva beschrieb die Schrecken der ressourcen-intensiven Landwirtschaft in dem Land, auf die sie im Laufe ihrer vier Jahrzehnte Umweltaktivismus immer wieder gestoßen ist. Eine fortlaufende Selbstmord-Epidemie von Hunderttausenden verschuldeter Landwirte, ein cancer train („Krebszug“) aus dem Punjab, dem Rajasthan, und eine aus der Landwirtschaft und in den Drogenmissbrauch vertriebene Jugend, waren einige der Bilder, auf die sie sich berief. Aber die alten Techniken, die auf der reduktionistischen „Lego-Logik“ gentechnischer Methoden basieren, sind als falsch erkannt und von vielen Menschen haben begonnen, diese durch Bio-Agrikultur zu bekämpfen.

„Ein neues Verständnis eines alten Wissens wird die Zukunft der Menschheit sein.”

Renate Künast

In den letzten 45 Jahren hat der Bundesstaat Sikkim im indischen Himalaya den Übergang zur 100% Bio-Landwirtschaft vollzogen. Modellbauernhöfe, Farmer Field Schools und ein generelles Verbot nichtökologischer Lebensmittelprodukte haben dazu beigetragen, dass über 65.000 Landwirte auf 75.000 Hektar zu nachhaltigen, vollständig biologischen Methoden ausgebildet wurden. Die Direktorin der Stiftung World Future Councils, Alexandra Wandel, beschrieb, wie die beispiellose und absolut erfolgreiche Transformation der Region unzählige Vorteile für ihre Landwirte und die Gesundheit und das Wohlergehen der Menschen vor Ort gebracht hat. Außerdem hat sie für einen Tourismus-Boom um 50% und Anerkennung auf globaler Ebene gesorgt. Für diese unermüdliche Arbeit im ökologischen Landbau wurde Sikkim bei der Zeremonie vor 170 Staatsoberhäuptern in Rom mit dem Future Policy Award 2018 in Gold ausgezeichnet. Obwohl 51 andere Nominierungen für den Preis ausführlich recherchiert wurden und andere Politiken aus Dänemark, Ecuador und Brasilien eine Silberauszeichnung erhielten, erwiesen sich Sikkims Bemühungen bei weitem als vorbildlich.

„Ein wirklich visionärer und ganzheitlicher Ansatz in der Landwirtschaft.”F

Alexandra Wandel

Im Rahmen ihrer Arbeit als Bundestagsabgeordnete hatte Künast kürzlich die Gelegenheit, Sikkim zu besuchen, um die bahnbrechende Arbeit mit eigenen Augen zu sehen. Sie sei sehr beeindruckt davon gewesen, wie der Staat öffentliche Gelder einsetzt, um seinen Bürgerinnen und Bürgern im biologischen Landbau Chancen auf ein Leben in Selbstbestimmung, Gesundheit und Würde zu bieten. Dort verschmilzt Wertschätzung von traditionellem Wissen mit der Kompetenz der Menschen in einer Atmosphäre des Respekts vor einander und der Erde.                                                                                      

 

„Sikkim ist das Licht. Der Kampf muss weitergehen. “

Vandana Shiva

Nachdem alle Redner ihre Erfahrungen und ihr Wissen mit Leidenschaft geteilt hatten, konnte das Publikum seine Fragen stellen. Die Chancen und Risiken der Digitalisierung der Landwirtschaft standen an erster Stelle, und Ratsmitglied Shiva betonte den Unterschied zwischen dem Recht auf Technologie und dem freien Internet auf der einen Seite, und der erzwungenen Digitalisierung der Landwirtschaft auf der anderen. Es sei nötig angesichts der Gefahren einer Kommerzialisierung landwirtschaftlicher Daten zur Verwendung durch große Unternehmen vorsichtig zu sein. „Die Festlegung des Gemeingutes in diesem neuen Kontext”, sagte Prof. Dr. Shiva, “ist äußerst wichtig.”

Eine zweite Person fragte, wie Sikkim auf nationaler Ebene wahrgenommen wurde. Sei dies der Beginn eines Indiens des Biolandbaus? Es gäbe sicherlich andere positive Beispiele, zum Beispiel Bemühungen im Norden des Bundesstaates Ladakh, Biolandbau zu etablieren, so Shiva. Auf nationaler Ebene bestünden jedoch nach wie vor große Hindernisse. Entscheidend sei hier das anhaltende Bekenntnis aller Gesellschaftsschichten zu einer Vision von Nachhaltigkeit.

„Wir brauchen eine echte Debatte in allen unseren Gesellschaften, sonst ist die Zukunft eine Sackgasse. Nur Ernährungsdemokratie wird uns im Jahr 2050 ernähren. “

Vandana Shiva

Vandana Shiva bei der Einladung in den Bundestag

Die Veranstaltung, bei der in den Bundestag eingeladen wurde, fand einen Tag nachdem die Stiftung World Future Council und Ratsmitglied Shiva ins Deutsche Theater eingeladen wurden, um das 60. Jubiläum von Brot für die Welt zu feiern, statt. Am gleichen Tag der Gesprächsrunde, die in den Bundestag gelegt wurde, fanden zwei weitere spannende Veranstaltungen im historischen Babylon Cinema in Berlin statt. Die erste – “Vision for Agriculture 2050” [1] [2] – war eine Debatte zwischen Ratsmitglied Shiva, Norbert Lemken, Direktor der Agrarpolitik von Bayer, und Prof. Dr. Sonoko Dorothea Bellingrath-Kimura vom Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF). Während der Debatte brachte das Publikum seine Unterstützung für Biolandbau und seine Empörung über die Kommerzialisierung von Landwirtschaft zum Ausdruck: es tobte eine Debatte über die Wissenschaftlichkeit von Einsatz von Chemikalien, die Fähigkeit, die Welt zu ernähren, und die Moral hinter dieser monumentalen Aufgabe. Nach einer kurzen Pause, in der sich die Zuschauer mit der Literatur von Vandana Shiva informieren und mit Liam Innis über die Stiftung World Future Council und den Future Policy Award sprechen konnten, ging die Nacht mit der Vorführung von „Unser Saatgut: Wir ernten was wir säen”  weiter. Der Film, in dem Ratsmitglied Shiva eine Protagonistin ist, verfolgt die reiche Geschichte des 12.000 Jahre alten Kulturguts Saatguts, das heute wegen der Aktivitäten der Agrarindustrie vom Aussterben bedroht  ist – und von manchen Menschen mit Leidenschaft geschützt wird.

„Ich denke, es ist an der Zeit, die Pflege, Liebe, Miteinander und unsere Gehirne wieder der Landwirtschaft zu zuwenden.”

Vandana Shiva

[1] https://www.2000m2.eu/de/vandana-shiva-visions-for-agriculture-2050/

[2] https://theworldnews.net/de-news/aktivistin-streitet-mit-konzern-vandana-shiva-vs-bayer-lobbyist

Bessere Lebensbedingungen: Äthiopien gewinnt internationalen Preis für erfolgreiche Maßnahmen gegen Landverödung

Hamburg / Bonn / Ordos, 22. August 2017: Erosion verringern, Lebensqualität verbessern: die äthiopische Tigray-Region zeigt, dass dies möglich ist. Darum wird sie vom World Future Council mit dem Future Policy Award (FPA) in Gold ausgezeichnet, der dieses Jahr die besten Maßnahmen und Politiken ehrt, die erfolgreich Desertifikation und Landverödung bekämpfen. Die Tigray-Region setzte sich gegen 26 andere Nominierungen aus aller Welt durch. Mit dem Gesetz werden auf einzigartige Weise gemeinschaftliches Handeln, Freiwilligenarbeit und Einbindung der Jugend kombiniert. Durch die Einführung des Gesetzes wird verödetes Land wieder bewohnbar gemacht.

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Photo by TerrAfrica Partnership at NEPAD Agency

Zwei Silber Awards werden vergeben an:

  • Brasilien: Das brasilianische Zisternen-Programm gibt Millionen Menschen in den ärmsten Regionen Brasiliens die Chance auf Selbstbestimmung
  • China: Durch das chinesische Gesetz zur Prävention und Kontrolle von Desertifikation wurde in den letzten 15 Jahren der Trend der zunehmenden Wüstenbildung umgekehrt und Millionen von Menschen aus der Armut befreit

Der Vision Award geht an die internationale „4 per 1000“ Initiative, ein einmaliges Konzept für den Klimaschutz: Jährlich soll der im Ackerboden gebundene Kohlenstoff um 0,4 Prozent erhöht werden. So können 1,2 Milliarden Tonnen Kohlenstoff pro Jahr gespeichert und der Klimawandel aufgehalten werden.

Drei Bronze Awards gehen dieses Jahr an:

  • Australien: In Australien übernehmen Indigene erfolgreich den Schutz der Trockengebiete vor Landverödung
  • Jordanien: Jordanien integrierte die im Nahen Osten am weitesten verbreitete Hirten-Tradition „Hima“ in seine neue Weidelandstrategie und entwickelt daraus innovative Maßnahmen gegen Desertifikation
  • Niger: Der westafrikanische Staat verbindet in seiner 3N Initiative den Kampf gegen Landverödung mit der Herstellung von Nahrungssicherheit

Weitere Informationen zu den Gewinner-Gesetzen finden Sie hier

Stellungnahmen des World Future Council und der UNCCD

Monique Barbut, Exekutivsekretärin, Sekretariat des Übereinkommens der Vereinten Nationen zur Bekämpfung der Desertifikation (UNCCD)

“Trockengebiete bedecken fast 40% der Landmasse der Erde und wachsen durch den Klimawandel stetig an. Millionen von Menschen sind dadurch von Hunger und Armut bedroht – doch die Weltgemeinschaft nimmt dies kaum zur Kenntnis. Der Future Policy Award 2017 wirft ein Schlaglicht auf eine unterschätzte Naturkatastrophe, die sich schleichend ihren Weg bahnt – und auf effektive Lösungen. Die sieben Preisträger sind alle selbst von Desertifikation betroffen und zeigen großes Umweltbewusstsein und politische Handlungsfähigkeit.“

 Alexandra Wandel, Direktorin und Stellv. Vorstandvorsitzende des World Future Council (WFC)

„Durch Wüstenbildung verlieren Millionen von Menschen ihre Heimat. Mit der äthiopischen Tigray-Region als Gewinnerin des Future Policy Awards steht fest, dass wirksame Lösungen nicht von außen kommen müssen: Fluchtursachen können am Ort des Geschehens erfolgreich angegangen werden. Eine kleine Region in einem vom Klimawandel bedrohten, ostafrikanischen Land hat Wege gefunden, eine globale Herausforderung effektiv anzugehen – ich sehe dies als ermutigende Botschaft.“

 

Zum Hintergrund

Im vergangenen Jahrhundert sind durch Dürren mehr Menschen ums Leben gekommen als durch jede andere wetterbedingte Katastrophe. Desertifikation wird daher heute als eine der größten Herausforderungen der Menschheit gesehen. Trockengebiete sind äußerst anfällig für Überbeanspruchung und Klimaveränderungen, Dürren kommen inzwischen aufgrund des Klimawandels immer häufiger vor, was den Effekt noch verstärkt. Diese Regionen gehören zu den konfliktreichsten Gebieten der Erde.

Die Gesetze, die vom FPA ausgezeichnet werden, unterstützen vorbildlich das Ziel für nachhaltige Entwicklung (SDG) 15.3 der Vereinten Nationen, der Kampf gegen die Desertifikation und die Wiederherstellung der durch Wüstenbildung, Dürren und Überflutungen degradierten Flächen.

Der Future Policy Award (FPA) zeichnet als einziger internationaler Preis effektive Gesetze aus, die die Lebensbedingungen für Menschen weltweit verbessern. Ziel des Preises ist es, die öffentliche Aufmerksamkeit auf nachhaltige Gesetze und Maßnahmen zu lenken. Die Evaluation der Gesetze findet anhand der “Sieben Prinzipien für zukunftsgerechte Gesetzgebung“ statt. Daher werden Gesetze besonders positiv bewertet, die nicht nur die nachhaltige Nutzung von Ressourcen fördern, sondern darüber hinaus Gleichberechtigung, Armutsbekämpfung, Teilhabe und friedliche Konfliktlösung in Angriff nehmen.

Die Gewinner des Future Policy Awards werden im Rahmen der 13. Vertragsstaatenkonferenz  (Conference of the Parties, COP) der UNCCD in Ordos (China) im September 2017 geehrt.

Weitere Informationen zum diesjährigen Future Policy Award finden Sie hier


Medienkontakt

Miriam Petersen
Media & Communications Manager
Tel: +49 40 307 09 14 19

miriam.petersen@worldfuturecouncil.org

Wagaki Wischenewsjki
Public Information and Media Officer
United Nations Convention to Combat Desertification
Tel: +49 228 815 2820
wwischnewski@unccd.int

Der World Future Council

Der World Future Council stellt die Interessen zukünftiger Generationen ins Zentrum von Politikgestaltung. Der Rat besteht aus 50 internationalen Persönlichkeiten aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Kultur, die in ihrem Themenbereich bereits Herausragendes geleistet haben. Er setzt sich für gesetzliche Rahmenbedingungen ein, die heutigen wie zukünftigen Generationen das Leben in einer gerechten und ökologisch intakten Welt ermöglichen. Die Hauptansprechpartner hierfür sind politische Entscheidungsträger und Parlamentarier, aber auch Partner aus der Zivilgesellschaft, Wirtschaft und internationalen Organisationen. Für eine nachhaltige, gerechte und friedliche Zukunft, in der universelle Rechte respektiert werden, erforschen, identifizieren und verbreitet der World Future Council die besten globalen politischen Lösungen.

UNCCD – Sekretariat des Übereinkommens der Vereinten Nationen zur Bekämpfung der Desertifikation

Das Übereinkommen der Vereinten Nationen zur Bekämpfung der Wüstenbildung (UNCCD) ist der einzige, rechtsverbindliche internationale Vertrag, der sich mit Landfragen auseinandersetzt. Das Abkommen unterstützt verantwortungsbewusste und gute Landpflege. Die 196 Vertragspartner verpflichten sich, die Konvention partnerschaftlich umzusetzen und die Nachhaltigkeitsziele der UN zu verwirklichen. Am Ende steht das Ziel, unser Land vor Überbeanspruchung und Dürren zu schützen, so dass es uns weiter mit Nahrung, Wasser und Energie versorgen kann. Durch die nachhaltige Bewirtschaftung von Land und das Streben nach Landdegradations-Neutralität jetzt und in der Zukunft, sollen die Folgen des Klimawandels abgemildert und Konflikte um natürliche Ressourcen verhindert werden, damit unsere Gesellschaften sich gut entwickeln können.

Future Policy Award 2009: Würdigung der weltbesten politischen Initiativen zur Nahrungssicherheit

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Zusammenfassung

Mit dem Future Policy Award wurden 2009 beispielhafte Gesetze und politische Maßnahmen zu Schaffung von Nahrungssicherheit geehrt.

Englische Publikation

Cultivating the Future: Food in the Age of Climate Change

Zusammenfassung

In Zeiten des Klimawanders sind Politikansätze zur Sicherung der Nahrungsversorgung von höchster Wichtigkeit für Regierungen und die internationale Gemeinschaft. Dementsprechend groß ist der Einfluss von Nahrungssicherheit auf das Wohlergehen einer stetig wachsenden Weltbevölkerung und das zukünftiger Generationen.

Englischsprachige Publikation