Ein weltweiter Aufruf für das Recht auf eine gesunde Umwelt
Das Recht auf eine gesunde Umwelt ist in über 100 Ländern durch die Verfassung geschützt. Weitere 62 Länder beziehen sich in ihren Verfassungen auf eine gesunde Umwelt, aber das Recht ist nicht gesetzlich verankert. Auch in den Internationalen Menschenrechtsabkommen, wie der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, dem Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte, dem Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte und die UN-Konvention über die Rechte des Kindes wird das Recht nicht (explizit) erwähnt.
Der UN-Sonderberichterstatter für Menschenrechte und Umwelt, David Boyd, erklärt es wie folgt: „Das Bewusstsein der Gesellschaft über das Ausmaß, Tempo und die negativen Folgen der Umweltzerstörung war zu dem Zeitpunkt, als die Menschenrechte verfasst wurden, noch nicht so weit fortgeschritten, als dass es die Einbeziehung ökologischer Bedenken gerechtfertigt hätte.“
Erstmals wird dieses Recht in der Stockholmer Erklärung von 1972 im ersten Artikel erwähnt:
“Man has the fundamental right to freedom, equality, and adequate conditions of life, in an environment of a quality that permits a life of dignity and well-being, and he bears a solemn responsibility to protect and improve the environment for present and future generations.” (Original)
(Eigene Übersetzung: “Der Mensch hat das Grundrecht auf Freiheit, Gleichheit und angemessene Lebens- bedingungen in einer Umwelt, welche ein Leben in Würde und Wohlbefinden ermöglicht, und er trägt eine feierliche Verantwortung für den Schutz und die Verbesserung der Umwelt für heutige und zukünftige Generationen.”)
Heute, etwa 60 Jahre nachdem die Erklärungen geschrieben wurden, kann die Wissenschaft belegen, welche Nachteile sich für die Erde und die Menschheit durch den vom Menschen verursachten Klimawandel ergeben. Weltweit verschwinden Ökosysteme und Artenvielfalt. Wir müssen jetzt handeln, unseren Kindern und zukünftigen Generationen zuliebe!
“Die Klimakrise bedroht unsere Umwelt, das menschliche Wohlergehen und die Zukunft unserer Jugend. Wir müssen handeln, bevor es zu spät ist. Die Zeit ist reif, das Recht auf eine gesunde Umwelt anzuerkennen.”
María Fernanda Espinosa Garcés, Präsidentin der 73. Sitzung der Generalversammlung der Vereinten Nationen, Ratsmitglied, World Future Council
Das Recht auf eine gesunde Umwelt erfordert die Anerkennung genau dieser Tatsache: dass unsere Umwelt sicher, sauber, gesund und nachhaltig sein sollte. Jede Maßnahme sollte dem “Do no harm“-Prinzip (Grundsatz der Schadensvermeidung) folgen und das Prinzip der Generationengerechtigkeit einhalten. Diese Prinzipien erfordern, dass natürliche Ressourcen und Ökosysteme geschützt werden, damit heutige und zukünftige Generationen ihre Menschenrechte in vollem Umfang genießen können, und um die Ziele für nachhaltige Entwicklung zu erreichen.
Zu diesem Zweck hat sich eine internationale Koalition aus zivilgesellschaftlichen Organisationen, sozialen und indigenen Bewegungen und lokalen Gemeinschaften zusammengeschlossen, um den Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen aufzufordern, unverzüglich das Menschenrecht auf eine sichere, saubere, gesunde und nachhaltige Umwelt anzuerkennen. Dies hätte zur Folge, dass der Schutz für die am meisten gefährdeten Personen, wie Frauen, Kinder und indigene Völker, verstärkt wird.
Der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen trifft sich jedes Jahr im September. Der erste Brief dieser Koalition wurde am 10. September 2020 verschickt und wurde bisher von 1.097 Organisationen unterzeichnet. Der„World Future Council“ ist ein Unterzeichner des Briefes. Interessierte Organisationen können den Brief unter diesem Link unterzeichnen.
Eine gesunde Umwelt ist essenziell für das Leben und die Würde jedes Menschen. Die Luft, die wir atmen, das Wasser, das wir trinken, die Nahrung, die wir essen und das lebenserhaltende Klima, das wir genießen, sind alle von gesunden, vielfältigen, integralen und funktionierenden Ökosystemen abhängig. Angesichts der globalen Umweltkrise, die derzeit die Menschenrechte von Milliarden von Menschen auf unserem Planeten verletzt und gefährdet, ist die weltweite Anerkennung dieses Rechts eine Angelegenheit von äußerster Dringlichkeit. Wie wir alle wissen, gibt es keine Menschenrechte auf einem toten Planeten.”
(Aus dem Brief)
Ein weiterer Höhepunkt des zivilgesellschaftlichen Engagements ist die im Oktober 2020 vom Menschenrechtsrat verabschiedete Resolution 45/30 “Rechte des Kindes: Verwirklichung der Rechte des Kindes durch eine gesunde Umwelt”. Darin heißt es, der Rat…
4. fordert die Staaten nachdrücklich auf, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass Kinder in den vollen Genuss aller ihrer Menschenrechte und Grundfreiheiten kommen, und sie durch wirksame Regulierungs- und Durchsetzungsmechanismen vor den Auswirkungen von Umweltschäden zu schützen, indem sie unter anderem:
(c) erwägen, ein Recht auf eine gesunde Umwelt in der nationalen Gesetzgebung anzuerkennen, um die Justiziabilität zu fördern, die Rechenschaftspflicht zu stärken und eine stärkere Beteiligung zu ermöglichen, den Umweltschutz und die Umweltleistung zu verbessern und Rechte für gegenwärtige und künftige Generationen sicherzustellen.
Diese Resolution ist eine historische Resolution, welche die Notwendigkeit für die Staaten unterstreicht, Maßnahmen zu ergreifen, um die Rechte von Kindern und zukünftigen Generationen im Hinblick auf Umweltschäden zu schützen!
“Unsere Kinder und Enkelkinder verdienen es, auf einem nachhaltigen und friedlichen Planeten mit einer gesunden Umwelt zu leben. Um dies zu erreichen, ist es wichtig, ihre Rechte zu stärken und sie zu befähigen! Ich schließe mich dafür dem Aufruf für das Recht auf eine gesunde Umwelt an.”
Prof. Dr. Otto, Mitgründer und Ehrenratsmitglied, World Future Council
Auf einer vor kurzem stattgefundenen hochrangigen UN-Veranstaltung wies Inger Anderson, Exekutivdirektorin des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP), auf die drei großen und miteinander verbundenen Krisen hin: Die Klimakrise, die Krise der biologischen Vielfalt und Natur, sowie die Verschmutzungs- und Abfallkrise. Durch das Recht auf eine gesunde Umwelt und integrierte spezifische Maßnahmen, kann diesen Krisen entgegengewirkt werden. Laut Anderson wird der globale Aufruf der Koalition, das Recht auf eine gesunde Umwelt anzuerkennen, auch dazu beitragen, Umweltgesetze auf direkte Aktionen anzupassen und bessere und nachhaltigere ökologische Resultate zu erzielen.
Warum ist es wichtig, dass der Menschenrechtsrat das Recht auf eine gesunde Umwelt anerkennt? Der Menschenrechtsrat hat die einzigartige Aufgabe, sich mit Menschenrechten und Bedrohungen jener zu befassen . Eine Anerkennung des Rechts auf eine gesunde Umwelt durch den Menschenrechtsrat würde die dringende Notwendigkeit effektiver Klimamaßnahmen betonen. Es würde den Weg für eine verstärkte internationale Zusammenarbeit zur Bewältigung von Umweltzerstörungen ebnen, einschließlich der Bereitstellung von neuen technischen Hilfen, Kapazitäten und Anleitungen, während gleichzeitig die schon bestehenden Bemühungen gegen den Klimawandel verstärkt werden.
Indem der UN-Menschenrechtsrat dieses Recht als einen Anspruch auf eine sichere, saubere, gesunde und nachhaltige Umwelt beschließt, wird er auf diesen Entwicklungen aufbauen. Das Recht wird zu einer gemeinsamen Basis zwischen den Staaten führen. Diese Basis wird den Austausch von Erfahrungen und die Klärung von Verpflichtungen erleichtern, welche sich aus Umwelt- und Menschenrechtsgesetzen ergeben.
(Aus dem Brief)