Future Finance Discussions Papier

Future Finance – Discussion Paper No. 1, 07/2015 – Das Geldsystem in der Krise

Die Lösungsansätze der Geldreformer für das Geldsystem und ein einfacher Vorschlag für eine effektivere Geldpolitik 2.0. Dr. Matthias Kroll

Von wirtschaftsfreundlichen Journalisten bis hin zum radikalen Geldreformer wird mittlerweile die Einsicht geteilt, dass sich unser aktuelles Geldsystem aus Zentralbank und Geschäftsbanken in einer grundlegenden Krise befindet. Die seit der Finanzkrise schwelende Rezession in Kombination mit den unzähligen notleidenden Altlasten in den Bankbilanzen macht es den Zentralbanken unmöglich, mit ihrem bisherigen geldpolitischen Werkzeug – der Zinssteuerung – die Konjunktur wieder in Schwung zu bringen. Negative Einlagezinsen für die überschüssigen Reserven, die Banken bei der Zentralbank halten, sind nur der letzte Beleg für das Eingeständnis, dass eine Geldpolitik über den Zinskanal nicht mehr wirkt. Auch der Versuch der Zentralbanken, die Kreditvergabe der Banken durch den liquiditätszuführenden Aufkauf von Staatsanleihen und unterschiedlicher Bank-Aktiva anzuregen, wird wenig erfolgreich sein, wenn aufgrund mangelnder Investitionsmöglichkeiten keine entsprechende Kreditnachfrage aus der realen Wirtschaft vorhanden ist. Da in unserem aktuellen System die Geldmenge aber nur wachsen kann, wenn jemand einen Grund sieht, sich zu verschulden und bei einer Bank einen Kredit aufnimmt, ist eine konjunkturbelebende Geldschöpfung derzeit kaum möglich.

Vorschau

Während etablierte Ökonomen dieser Grundproblematik überwiegend ratlos gegenüberstehen, nehmen Kritiker des bestehenden Systems die Krise zum Anlass, eine grundsätzliche Geldreform vorzuschlagen. Sie beanstanden zum einen die Geldschöpfungsmöglichkeiten der Banken, weil diese damit in der Lage waren, auch eine rein spekulativ begründete Kreditnachfrage zu bedienen und Vermögenspreisblasen zu finanzieren. Zum anderen wird bemängelt, dass neues Geld nur über eine zusätzliche Verschuldung beim Bankensektor entstehen könne und eine schuldfreie Geldschöpfung zur direkten Finanzierung von konjunkturbelebenden und dringend notwendigen öffentlichen Investitionen nicht möglich sei. Aufbauend auf Vorschlägen aus den 1930er Jahren entwickelten die Geldreformbefürworter Konzepte, in denen die Kreditgeldschöpfungsmöglichkeit der Banken unterbunden sind und neues Geld stattdessen über eine staatliche Verausgabung – schuldfrei – in den Wirtschaftskreislauf eingespeist wird. Um dieses Ziel zu erreichen, wird in diesen (in Deutschland Vollgeld und in Großbritannien „Positive Money“ genannten) Plänen allerdings ein weitgehender Umbau unseres Banken- und Geldsystems für notwendig gehalten. Entsprechend komplex und angreifbar sind die Vorschläge daher. Das „Narrow Banking“-Konzept aus den USA versucht mit einer starken Beschränkung auf sehr sichere und liquide Anlageziele, die Sicherheit der Sichteinlagen und damit der Geldtransaktionen zu stabilisieren, während die Kreditversorgung über separate Investmentbanken oder Fonds erfolgen soll. Andere Geldkritiker sehen die Grundproblematik im Zinssystem, aus dem sie einen untragbaren Wachstumsdruck ableiten, und entwickeln Alternativlösungen in Regional- oder Komplementärwährungen. In dieser Studie soll nach einer kurzen Beschreibung der aktuellen Probleme unseres Geldsystems ein Überblick über die unterschiedlichen Reformideen gegeben und ihre Praxistauglichkeit bewertet werden. Im Anschluss soll gezeigt werden, wie mittels eines neuen geldpolitischen Werkzeugs auch ohne komplexen Umbau des Bankensystems wesentliche Ideen der Reformbefürworter umgesetzt werden können. Die Umsetzung dieses geldpolitischen Werkzeugs würde auch dazu führen, dass die Zentralbanken ihre Handlungsfähigkeit zurückerhalten.