Erster Stakeholder-Workshop zum Thema “Scaling up Agroecology in the Himalayas”


Die wichtigsten Erkenntnisse

  • Zu den diskutierten Herausforderungen gehörten Ernährungsunsicherheit und Unterernährung, Verfügbarkeit von Ackerland, geringe Arbeitsproduktivität, Klimawandel, Migration, Arbeitskräftemangel und Feminisierung der Landwirtschaft, Verlust der biologischen Vielfalt, Wasserknappheit, nicht nachhaltige Anbaumethoden, veränderte Bodennutzung und Bodendegradation, Bodengesundheit, Verstädterung, Verlust von Gemeinschaftswissen, Abhängigkeit von externen Inputs (insbesondere Düngemitteln), geringe Wettbewerbsfähigkeit der einheimischen Produktion, Lebensmittelimporte und die Auswirkungen der jüngsten Pandemie, zu einfache Ernährung, Armut und Erschwinglichkeit von Lebensmitteln, agrarökologische Produkte, die nicht aus der Nische herauskommen, Zugang zu Märkten, unzureichende Wertschöpfung, Verluste nach der Ernte und Lebensmittelverschwendung, mangelnde Koordinierung und damit fehlende Konvergenz sowie das Fehlen von bergspezifischen Politiken, Programmen und Ansätzen.
  • Zu den hervorgehobenen Möglichkeiten gehörten die Agrarökologie als Übergangspfad, die Sensibilisierung der politischen Entscheidungsträger, der Wert eines eigenen Rechtsrahmens und einer nationalen Politik zur Förderung der Agrarökologie, die Einrichtung eines nationalen Kompetenzzentrums für Agrarökologie, ein stärkeres Engagement der Geber und die Unterstützung des Kapazitätsaufbaus, die Ökosystemleistungen der Region, die Stärkung von Forschung, Lehre und Beratung, die Verbesserung der Wasserverteilung und der effizienten Wassernutzung, die Nutzung der Unterernährung als Ergebnisindikator für Armutsbekämpfungsprogramme, ernährungssensible Landwirtschaft und Integration nahrhafter Lebensmittel, Stärkung der lokalen Wirtschaft durch Verteilung und Beschaffung lokaler Lebensmittelkörbe, Investitionen und Zugang zu Finanzmitteln, Stärkung des Verbraucherbewusstseins, Förderung des Zugangs zu Märkten und Biomärkten, Preisanreize, Mechanisierung der Landwirtschaft, Bekämpfung von Ernteschäden, kommerzielle Produktion von Biodüngern und Pestiziden, Bildung von Erzeugergemeinschaften und Erzielung von Größenvorteilen, Agroforstwirtschaft, Subventionen für landwirtschaftliche Infrastruktur und Integration mit nicht landwirtschaftlichen Unternehmen wie dem Tourismus.

  • Der Wert wurde im Erfahrungsaustausch innerhalb der Region und über die Grenzen hinweg über Agrarökologie und den Ansatz der Lebensmittelsysteme, Innovation durch Zusammenarbeit, Knüpfen von Kontakten, Sensibilisierung der politischen Entscheidungsträger, Stärkung institutioneller Mechanismen und Stärkung der Kleinbauern an der Basis gesehen.
    • Ein integrierter, ganzheitlicher, gebirgsspezifischer Ansatz wurde ebenso betont wie die Bedeutung einer verstärkten Koordination und Zusammenarbeit. Die Einbindung von mehr politischen Entscheidungsträgern und die Entwicklung eines gemeinsamen Fahrplans wurden als notwendig erachtet, aber auch als Mammutaufgabe, die viel engagierte Koordination und Unterstützung erfordern würde.
    • Es gibt zwar einige vielversprechende politische Maßnahmen, aber ihre unzureichende Umsetzung verhindert, dass sich eine widerstandsfähige und agrarökologische Landwirtschaft effektiver ausbreiten und nachhaltigere Lebensmittelsysteme gedeihen können. Um signifikante Veränderungen zu bewirken, betonten die Interessenvertreter unter anderem, dass die Politikentwicklung im Allgemeinen integrativer werden und bergsensible Ansätze einbeziehen muss, dass die Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Politik verbessert werden muss und dass Schlüsselakteure wie Regierungsbeamte, Lehrkräfte, Landwirte und Verbraucher besser für die Bedeutung gesunder, nahrhafter und vielfältiger Lebensmittel sensibilisiert werden müssen. 
    • Ein Mechanismus auf nationaler Ebene, der alle relevanten Stakeholder umfasst, wurde als notwendig erachtet, um die Koordination und Konvergenz zwischen den verschiedenen Regierungsebenen, den für das Lebensmittelsystem relevanten Abteilungen sowie allen Stakeholdern des Lebensmittelsystems zu stärken, um gemeinsame Anstrengungen für nachhaltige Lebensmittelsysteme voranzutreiben und widersprüchliche politische Ergebnisse zu beseitigen. 

     

    Warum wurde diese Veranstaltung durchgeführt? Was war das Ziel?

    In den letzten 10 Jahren haben die politischen Entscheidungsträger Bhutans, Indiens und Nepals zunehmend erkannt, dass ein Übergang zu nachhaltigen landwirtschaftlichen Systemen notwendig ist, um die natürlichen Ressourcen zu erhalten und die Lebensgrundlagen der ländlichen Bevölkerung zu verbessern. Das politische Engagement wurde mit unterschiedlicher Intensität umgesetzt, einschließlich politischer Strategien und Programme mit spezifischen Haushaltsmitteln für Maßnahmen zur Förderung des ökologischen Landbaus und der Agrarökologie. In letzter Zeit haben auch andere Teile der Lebensmittelsysteme, wie Wertschöpfungsketten und Märkte, mehr Aufmerksamkeit von den politischen Entscheidungsträgern erhalten.

    Um auf dieser Dynamik aufzubauen und zu erkunden, wie agrarökologische Lebensmittelsysteme besser skaliert werden können, haben wir diesen zweitägigen interaktiven Stakeholder-Workshop organisiert. Die Veranstaltung brachte Stakeholder von Lebensmittelsystemen mit unterschiedlichem Hintergrund zusammen, die ein gemeinsames Verständnis für die Notwendigkeit von Veränderungen haben. Wir haben eine Plattform geschaffen, auf der wir zusammenarbeiten und innovative Lösungen finden können, um den Übergang zu nachhaltigeren, agrarökologischen Lebensmittelsystemen zu beschleunigen.  

    Der Workshop ist Teil des Projekts “Scaling up Agroecology in the Himalayas”, das darauf abzielt, einen gemeinsamen Fahrplan zu erstellen, und das auf der digitalen Veranstaltung “Scaling up Agroecology in the Himalayas Together” vom April 2021 (Weitere Informationen unter: https://www.ifoam.bio/news/high-level-policy-experts-discussed-current-situation) sowie auf der Studie “The Mainstreaming of Organic Agriculture And Agroecology in the Himalaya Region” (Verfügbar unter: https://old.worldfuturecouncil.org/the-mainstreaming-of-organic-agriculture-and-agroecology/).

     

    Wird es in Zukunft weitere Veranstaltungen dieser Art geben?

    Dieser Workshop ist nur der erste in einer Reihe von Veranstaltungen für Interessengruppen, die bis Ende 2023 mit einem gemeinsamen Fahrplan abgeschlossen werden sollen. Durch die Ausweitung der Agrarökologie im Himalaya können wir eine Blaupause für nachhaltige Lebensmittelsysteme schaffen, die in anderen Regionen der Welt nachgeahmt werden kann. Darüber hinaus ist dies ein entscheidender Schritt, um unsere gemeinsame Zukunft auf diesem Planeten zu sichern und der Tatsache Rechnung zu tragen, dass die Gesundheit unserer Ökosysteme und das Wohlergehen aller Lebewesen eng miteinander verknüpft sind.

Pressemitteilung: Bundestag fordert erneut Schutz des antarktischen Weddellmeeres

Berlin, 21. Oktober 2022Alle Parteien des deutschen Bundestags haben die Bundesregierung erneut aufgefordert, sich in den anstehenden Verhandlungen zum Schutz der Antarktis für das Weddellmeer einzusetzen. Besonders in Anbetracht der bedrohten Biodiversität aufgrund der Eisschmelze und der expandierenden Fischerei sei der Schutz des Weddellmeeres unerlässlich.

Ende Oktober werden 26 Länder für das jährliche Treffen der „Kommission zur Erhaltung der lebenden Meeresschätze der Antarktis“ (CCAMLR) zusammenkommen. Anlässlich dieser Verhandlungen hat der deutsche Bundestag einstimmig einen Antrag von SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und CDU/CSU zum Schutz des Weddellmeeres beschlossen. In diesem Antrag wird die Bundesregierung aufgefordert, sich auf höchster Ebene bei bilateralen oder multilateralen Treffen für die Schutzgebiete in der Antarktis einzusetzen. Diese Priorisierung der Bundesregierung ist aufgrund bisher lückenhafter internationaler Regelungen für den Meeresschutz von hoher Bedeutung.

Im Rahmen der “Meeresoffensive” der Bundesregierung gewinnt der Schutz der Weltmeere an Bedeutung. Mit dem Beitritt zur High Ambition Coalition for Nature and People (Januar 2021) setzt sich Deutschland für strikte Schutzmaßnahmen für mindestens 30 Prozent der Weltmeere bis spätestens 2030 ein. Die Schutzgebietsfläche im Weddellmeer würde rund 2,2 Millionen Quadratkilometer betragen. Es wäre das größte Meeresschutzgebiet der Welt und würde einen Beitrag zur Erreichung des Ziels leisten, 30 Prozent des Ozeans bis 2030 zu schützen. Das Weddellmeer ist ein einzigartiges Ökosystem und beherbergt allein auf dem Meeresboden etwa 14.000 verschiedene Tierarten. Viele davon existieren nur dort und sind nur in den fragilen Lebensgemeinschaften des Südpolarmeers überlebensfähig. Der Bundestag setzt sich fortan nicht nur für einen strengen Schutz dieses Gebietes ein, sondern ruft auch die Bundesregierung auf, die von anderen CCAMLR Mitgliedsstaaten entwickelten Schutzgebietsvorschläge wie der Ostantarktis und der Antarktischen Halbinsel nach Kräften proaktiv zu unterstützen.

Dabei wächst die Dringlichkeit für die Realisierung dieser Schutzziele. Die steigenden Temperaturen in der Klimakrise führen zum rapiden Abschmelzen des Thwaites-Gletschers und der Schelfeisflächen. Auch der steigende Druck der internationalen Fischerei gefährdet den Fortbestand dieses wichtigen Ökosystems. “Die Rolle des Südpolarmeeres für unseren Planeten wird oft unterschätzt, dabei ist sie entscheidend: Das Südpolarmeer ist essentiell für die Regulierung des Klimas, die Nährstoffversorgung der Meere und als Lebensraum einer beeindruckenden Artenvielfalt. Wir können Funktionen des Südpolarmeeres durch zwei Dinge erhalten – die radikale Drosselung der Emissionen von Treibhausgasen und die Unterschutzstellung der marinen Biodiversität. Wir schätzen den Einsatz des Deutschen Bundestages für dieses Vorhaben und fordern von der Bundesregierung, endlich entschieden zu handeln”, so Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe.

Anhaltende geopolitische Herausforderungen

Die internationalen Verhandlungen für den Schutz der Antarktis wurden in den letzten Jahren vor allem von China und Russland blockiert. Da die CCAMLR-Verhandlungen mit dem Prinzip der Einstimmigkeit funktionieren, war der Verlauf in den letzten Jahren ins Stocken geraten. Dabei steht die Ausweisung der drei Meeresschutzgebiete des Weddellmeeres, der Ostantarktis und der Antarktischen Halbinsel seit rund 10 Jahren aus. Zum dritten Mal fordert der Deutsche Bundestag die Bundesregierung auf, dafür zu sorgen, dass das Meeresschutzgebiet (Marine Protected Area, MPA) des Weddellmeeres ausgewiesen wird.

Augenmerk auf internationale Rahmenwerke

Die Priorität des Antrags liegt auf der Erstellung des Schutzgebiets Weddellmeer im Rahmen von CCAMLR. Dazu gehören die Einrichtung großflächiger Nullnutzungszonen und ein wissenschaftliches Biodiversitäts Monitoring unter Einbeziehung modernster und innovativer Technik, so die Bundestagsabgeordneten. “Wie der Schutz des Ozeans gestaltet wird, ist entscheidend für unsere Zukunft”, so Dr. Ralf Sonntag vom World Future Council, “denn nur wenn menschliche Aktivitäten – wie die Fischerei von Krill und Antarktischem Seehecht – in Schutzgebieten unterbunden werden, kann das Ökosystem Meer sich vollständig erholen und in diesem Fall eine Resilienz gegen den Klimawandel entwickeln.” Über den Schutz des Weddellmeeres im Rahmen von CCAMLR hinaus nennt die Resolution ebenfalls weiterhin das Ziel, die nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt auf Hoher See (Biodiversity Beyond National Jurisdiction, BBNJ) zu unterstützen. Derzeit gibt es keinen kohärenten Rahmen für die Verwaltung und den Schutz der Hohen See, die 43 Prozent der Erdoberfläche bedeckt. Ein Fortschritt im Bereich BBNJ würde ebenfalls indirekt zum Schutz des Weddellmeeres beitragen. Dass Deutschland seine “Meeresoffensive” ambitioniert verfolgt, hat es erst kürzlich durch seinen Beitritt zu den Blue Leaders bewiesen. Die Initiative von aktuell 23 Ländern ruft für einen vollständigen Schutz von 30 Prozent der Meere bis 2030 auf. Dies bedeutet, dass dort keine extraktiven oder zerstörerischen Aktivitäten erlaubt sind.

Über die Stiftung Weltzukunftsrat

Beim Weltzukunftsrat setzen wir uns für einen gesunden Planeten mit gerechten und friedlichen Gesellschaften jetzt und in der Zukunft ein. Dafür identifizieren, entwickeln, beleuchten und verbreiten wir zukunftsgerechte Lösungen für aktuelle Herausforderungen der Menschheit und zeichnen sie alle zwei Jahre mit unserem einzigartigen Future Policy Award aus. Unser Rat besteht aus 50 herausragenden globalen Changemakern aus Zivilgesellschaft, Wissenschaft, Politik und Wirtschaft. Er bestimmt die Agenda unserer Arbeit und entwickelt dazu Stellungnahmen. Die Ratsmitglieder treffen sich jährlich beim Weltzukunftsrat, um die dringendsten Herausforderungen und die vorhandenen Lösungen dafür zu diskutieren. Jakob von Uexkull, der Gründer des Alternativen Nobelpreises, rief 2007 den Weltzukunftsrat ins Leben.

Pressekontakt:

Meike Schützek

Senior Campaigner für die Antarctic and Southern Ocean Coalition (ASOC), Berlin
info@meikeschuetzek.com

Tel.: 0176-82797897

Zusatzinformationen1. Ein Netz von Meeresschutzgebieten im Südpolarmeer – Factsheet
2. Petition zum Schutz des Südpolarmeeres

Interviewpartner:innen

Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer Deutsche Umwelthilfe, DUH-Newsroom, presse@duh.de, 030 2400867-20

Ralf Sonntag, World Future Council, Hamburg, ralf.sonntag@worldfuturecouncil.org, 0172-4390583

Antje Boetius, Direktorin Alfred-Wegener-Institut – Medienkontakt Folke Mehrtens, medien@awi.de, 0471 4831-2007

Ein weltweiter Aufruf für das Recht auf eine Gesunde Umwelt

Das Recht auf eine gesunde Umwelt ist in über 100 Ländern durch die Verfassung geschützt. Weitere 62 Länder beziehen sich in ihren Verfassungen auf die gesunde Umwelt, aber das Recht ist nicht gesetzlich verankert.

Gesunder Wald: Zusammenhang zwischen Coronavirus, industrieller Landwirtschaft und Biodiversität

Vandana Shiva über Corona, industrielle Landwirtschaft und Biodiversität

Vandana Shiva über das Coronavirus, industrielle Landwirtschaft und Biodiversität – von den Wäldern über unsere Farmen zu unseren Darmmikroben.

Berlin begrüßt den World Future Council in den Bundestag

Die ehemalige Ministerin für Ernährung und Landwirtschaft, Renate Künast, lud unser Ratsmitglied Vandana Shiva und Direktorin Alexandra Wandel in den Bundestag ein, um über den 100%-Biolandbau-Staat Sikkim zu sprechen.

Am Donnerstag, dem 29. November, schenkte Berlin nach einer Woche ungemütlichen Wetters ein Stück Wintersonne, um das Ratsmitglied des World Future Council und weltbekannte Umweltaktivistin Vandana Shiva und unsere Direktorin Alexandra Wandel im Bundestag zu begrüßen. Sie wurden von der ehemaligen Ministerin für Ernährung und Landwirtschaft, Renate Künast, MdB, in den Bundestag eingeladen, um über die agrarpolitische Situation in Indien, den ersten 100%-Bio Staat der Welt und den Gold-Gewinner des Future Policy Awards 2018, Sikkim, und die Zukunft der globalen Landwirtschaft zu sprechen.

„Sikkim ist ein gutes Bespiel dafür, dass wir die Welt verändern können, wenn wir den agrarökologischen Weg gehen.”

Vandana Shiva

Ein Einblick in den Bundestag

In einem schlichten aber eleganten Konferenzraum begrüßte Künast ihre Gäste und 30 Zuschauer aus dem Deutschen Bundestag, europäischen Umweltinstituten und der Öffentlichkeit. Schnell wandte sich das Gespräch der Landwirtschaft in Indien zu: ein Land, dessen landwirtschaftliches Gesicht während der Grünen Revolution Mitte des 20. Jahrhunderts tiefgreifend verändert wurde. Es ist ein bemerkenswertes Beispiel für die extremen Konflikte und Kontraste im gegenwärtigen globalen Nahrungsmittelsystem. Ratsmitglied Shiva beschrieb die Schrecken der ressourcen-intensiven Landwirtschaft in dem Land, auf die sie im Laufe ihrer vier Jahrzehnte Umweltaktivismus immer wieder gestoßen ist. Eine fortlaufende Selbstmord-Epidemie von Hunderttausenden verschuldeter Landwirte, ein cancer train („Krebszug“) aus dem Punjab, dem Rajasthan, und eine aus der Landwirtschaft und in den Drogenmissbrauch vertriebene Jugend, waren einige der Bilder, auf die sie sich berief. Aber die alten Techniken, die auf der reduktionistischen „Lego-Logik“ gentechnischer Methoden basieren, sind als falsch erkannt und von vielen Menschen haben begonnen, diese durch Bio-Agrikultur zu bekämpfen.

„Ein neues Verständnis eines alten Wissens wird die Zukunft der Menschheit sein.”

Renate Künast

In den letzten 45 Jahren hat der Bundesstaat Sikkim im indischen Himalaya den Übergang zur 100% Bio-Landwirtschaft vollzogen. Modellbauernhöfe, Farmer Field Schools und ein generelles Verbot nichtökologischer Lebensmittelprodukte haben dazu beigetragen, dass über 65.000 Landwirte auf 75.000 Hektar zu nachhaltigen, vollständig biologischen Methoden ausgebildet wurden. Die Direktorin der Stiftung World Future Councils, Alexandra Wandel, beschrieb, wie die beispiellose und absolut erfolgreiche Transformation der Region unzählige Vorteile für ihre Landwirte und die Gesundheit und das Wohlergehen der Menschen vor Ort gebracht hat. Außerdem hat sie für einen Tourismus-Boom um 50% und Anerkennung auf globaler Ebene gesorgt. Für diese unermüdliche Arbeit im ökologischen Landbau wurde Sikkim bei der Zeremonie vor 170 Staatsoberhäuptern in Rom mit dem Future Policy Award 2018 in Gold ausgezeichnet. Obwohl 51 andere Nominierungen für den Preis ausführlich recherchiert wurden und andere Politiken aus Dänemark, Ecuador und Brasilien eine Silberauszeichnung erhielten, erwiesen sich Sikkims Bemühungen bei weitem als vorbildlich.

„Ein wirklich visionärer und ganzheitlicher Ansatz in der Landwirtschaft.”F

Alexandra Wandel

Im Rahmen ihrer Arbeit als Bundestagsabgeordnete hatte Künast kürzlich die Gelegenheit, Sikkim zu besuchen, um die bahnbrechende Arbeit mit eigenen Augen zu sehen. Sie sei sehr beeindruckt davon gewesen, wie der Staat öffentliche Gelder einsetzt, um seinen Bürgerinnen und Bürgern im biologischen Landbau Chancen auf ein Leben in Selbstbestimmung, Gesundheit und Würde zu bieten. Dort verschmilzt Wertschätzung von traditionellem Wissen mit der Kompetenz der Menschen in einer Atmosphäre des Respekts vor einander und der Erde.                                                                                      

 

„Sikkim ist das Licht. Der Kampf muss weitergehen. “

Vandana Shiva

Nachdem alle Redner ihre Erfahrungen und ihr Wissen mit Leidenschaft geteilt hatten, konnte das Publikum seine Fragen stellen. Die Chancen und Risiken der Digitalisierung der Landwirtschaft standen an erster Stelle, und Ratsmitglied Shiva betonte den Unterschied zwischen dem Recht auf Technologie und dem freien Internet auf der einen Seite, und der erzwungenen Digitalisierung der Landwirtschaft auf der anderen. Es sei nötig angesichts der Gefahren einer Kommerzialisierung landwirtschaftlicher Daten zur Verwendung durch große Unternehmen vorsichtig zu sein. „Die Festlegung des Gemeingutes in diesem neuen Kontext”, sagte Prof. Dr. Shiva, “ist äußerst wichtig.”

Eine zweite Person fragte, wie Sikkim auf nationaler Ebene wahrgenommen wurde. Sei dies der Beginn eines Indiens des Biolandbaus? Es gäbe sicherlich andere positive Beispiele, zum Beispiel Bemühungen im Norden des Bundesstaates Ladakh, Biolandbau zu etablieren, so Shiva. Auf nationaler Ebene bestünden jedoch nach wie vor große Hindernisse. Entscheidend sei hier das anhaltende Bekenntnis aller Gesellschaftsschichten zu einer Vision von Nachhaltigkeit.

„Wir brauchen eine echte Debatte in allen unseren Gesellschaften, sonst ist die Zukunft eine Sackgasse. Nur Ernährungsdemokratie wird uns im Jahr 2050 ernähren. “

Vandana Shiva

Vandana Shiva bei der Einladung in den Bundestag

Die Veranstaltung, bei der in den Bundestag eingeladen wurde, fand einen Tag nachdem die Stiftung World Future Council und Ratsmitglied Shiva ins Deutsche Theater eingeladen wurden, um das 60. Jubiläum von Brot für die Welt zu feiern, statt. Am gleichen Tag der Gesprächsrunde, die in den Bundestag gelegt wurde, fanden zwei weitere spannende Veranstaltungen im historischen Babylon Cinema in Berlin statt. Die erste – “Vision for Agriculture 2050” [1] [2] – war eine Debatte zwischen Ratsmitglied Shiva, Norbert Lemken, Direktor der Agrarpolitik von Bayer, und Prof. Dr. Sonoko Dorothea Bellingrath-Kimura vom Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF). Während der Debatte brachte das Publikum seine Unterstützung für Biolandbau und seine Empörung über die Kommerzialisierung von Landwirtschaft zum Ausdruck: es tobte eine Debatte über die Wissenschaftlichkeit von Einsatz von Chemikalien, die Fähigkeit, die Welt zu ernähren, und die Moral hinter dieser monumentalen Aufgabe. Nach einer kurzen Pause, in der sich die Zuschauer mit der Literatur von Vandana Shiva informieren und mit Liam Innis über die Stiftung World Future Council und den Future Policy Award sprechen konnten, ging die Nacht mit der Vorführung von „Unser Saatgut: Wir ernten was wir säen”  weiter. Der Film, in dem Ratsmitglied Shiva eine Protagonistin ist, verfolgt die reiche Geschichte des 12.000 Jahre alten Kulturguts Saatguts, das heute wegen der Aktivitäten der Agrarindustrie vom Aussterben bedroht  ist – und von manchen Menschen mit Leidenschaft geschützt wird.

„Ich denke, es ist an der Zeit, die Pflege, Liebe, Miteinander und unsere Gehirne wieder der Landwirtschaft zu zuwenden.”

Vandana Shiva

[1] https://www.2000m2.eu/de/vandana-shiva-visions-for-agriculture-2050/

[2] https://theworldnews.net/de-news/aktivistin-streitet-mit-konzern-vandana-shiva-vs-bayer-lobbyist